Zivilgesellschaft veröffentlicht Vorschlag für EU-Strategie für den Textilsektor

24. April 2020

Zivilgesellschaft veröffentlicht Vorschlag für EU-Strategie für den Textilsektor

Anlass ist der siebte Jahrestag der Katastrophe von „Rana Plaza“ 

 

In diesen Tagen jährt sich die Katastrophe von „Rana Plaza“, der bisher größte Unfall in der internationalen Textilbranche, zum siebten Mal. Bei dem Unglück am 24. April 2013 in Bangladesch starben mehr als 1000 Menschen aufgrund mangelnder Sicherheitsvorkehrungen.

In diesem Jahr ist das Thema besonders brisant, denn: Die Corona-Pandemie hat die gesamte Textilwirtschaft stark getroffen, wodurch sich die ohnehin schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter*innen und Farmer*innen am Anfang der Lieferkettenzusätzlich verschärft haben. Fabrikschließungen, Kündigungen und Lohnausfälle im Textilsektor sind momentan an der Tagesordnung.

 

Neue und nachhaltige EU-Strategie für den Textilsektor gefordert
Da die Europäische Kommission in den kommenden Monaten mit der Entwicklung einer neuen  und umfassenden Strategie für Textilien beginnen will, hat heute eine Gruppe aus 65 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus der EU ihre Vision für den globalen Textil-, Bekleidungs-, Leder- und Schuhsektor (TGLF) dargelegt. Das Bündnis veröffentlichte dazu ein inoffizielles Strategie-Papier, die „Civil Society Shadow Strategy“ (zivilgesellschaftliche Schattenstrategie) [Zusammenfassung], in dem es verschiedene legislative und nicht-legislative Massnahmen vorschlägt, die die EU ergreifen kann, um zu faireren und nachhaltigeren textilen Wertschöpfungsketten beizutragen.

Zu den vorgeschlagenen Massnahmen gehören: 

  • Sicherstellen, dass Unternehmen rechtlich verpflichtet sind, nicht nur für ihre eigenen Aktivitäten, sondern für ihre gesamte Lieferkette Verantwortung zu übernehmen. Ein EU-Recht zur Sorgfaltspflicht soll in allen Sektoren Anwendung finden, einschließlich spezifischer Anforderungen für den TGLF-Sektor. Die Unterzeichnung einer Multi-Stakeholder-Partnerschaft sollte Unternehmen nicht von der Verantwortung befreien.
  • Strengere Umweltvorschriften: Gesetzlich verbindliche Vorgaben für ein nachhaltigeres Produktdesign zur Vermeidung von Abfall und für weniger Umweltverschmutzung.
  • Mehr Transparenz und Rückverfolgbarkeit in der gesamten Wertschöpfungskette: Dazu gehören sowohl mehr Transparenz im Produktionsprozess (z.B. bei den Arbeitsbedingungen) als auch die Veröffentlichung der Auswirkungen der Produktion auf die Umwelt (z.B. durch Veröffentlichung des ökologischen Fußabdrucks).
  • Ein EU-weiter Plan zur Ausweitung der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung im Textil-Sektor.
  • Gesetze gegen unfaire Handelspraktiken (unfair trading practices), wie etwa kurzfristige Auftragsstornierungen, verspätete Zahlungen und nicht-existenzsichernde Löhne.
  • Die Förderung von Geschäftsmodellen mit Kreislaufwirtschaft, die etwa auf hohe und langlebige Qualität von Textilien und langfristige Handelspartnerschaften ausgerichtet sind.
  • Förderung von Kooperationen mit Regierungen von produzierenden Ländern zur Stärkung von Arbeitsrechten und Umweltschutz.
  • Nutzung des starken Einflusses der EU zur Förderung von Nachhaltigkeit und Menschenrechten weltweit, zum Beispiel durch internationale Abkommen.

Die Strategie ist ein Handlungsvorschlag sowie ein Aufruf der  unterzeichnenden Organisationen an die politischen Entscheidungsträger*innen der EU resiliente, faire und nachhaltige Lieferketten aufzubauen. Nur so können die Folgen der gegenwärtigen Krise abgefedert und zukünftig Ereignisse wie „Rana Plaza“ vermieden werden.

Mehr Informationen

  • Vorschlag für eine EU-Strategie: European Strategy for Sustainable Textile, Garments, Leather and Footwear (in englisch) Download
  • Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahmen für eine EU-Strategie (in englisch) Download
  • Auswirkungen der Covid-19 Krise auf die Lieferketten im Textilsektor (in englisch) Download

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