Fair und regional in der Praxis

Fair und regional in der Praxis

Ein Einblick in die Fair Trade Towns Frutigen und Gossau

Zwei aktuelle Beispiele aus Fair Trade Towns zeigen, wie Fair Trade und Regionalität verbunden werden können. Die Philosophie des Fairen Handels mit den Kernwerten Dialog, Transparenz und Respekt lässt sich dabei gut auf weitere Bereiche des Lebens in der Gemeinde übertragen. Brigitta Vuilleumier aus der Arbeitsgruppe Fair Trade Town Gossau (SG) und Alice Morosoli von der Fair Trade Town Frutigen berichten über Ihre Erfahrungen.


Wo findet man die Verbindung von Fair und Regionalität in deiner Fair Trade Town?

Brigitta Vuilleumier im Claro Weltladen Gossau

Brigitta Vuilleumier: Auf unserem Fair Trade Town Gossau Logo steht: Wir handeln nachhaltig regional und global. Gossau hat neben den Standard Fair Trade Town-Kriterien einen zusätzlichen Katalog erstellt mit Kriterien wie Abfall/Food Waste oder Energie. Gossau setzt die Kampagne als Fair Trade Town Plus um!

Alice Morosoli: Unsere Partnerbetriebe im Detailhandel und in der Gastronomie bieten lokale, regionale und fair gehandelte Produkte an. Unsere Region ist reich an qualitativ hochstehenden Produkten, die die regionalen Produzenten unter fairen Bedingungen produzieren können.
Der Gemeinderat stimmte zu Fair Trade Town zu werden gerade weil ein Hinweis bestand, anschliessend auch die regionalen und lokalen Produkte im Profil erwähnen zu können.


Wie wurde die Ergänzung von Fair und Regional in eurer Gemeinde durch Fair Trade Town umgesetzt?

B.V.: Innerhalb der Fair Trade Town-Aktionsgruppe wurde vor allem vom lokalen Gewerbe gewünscht, auch den regionalen, lokalen Aspekt zu gewichten. Weil Fair Trade Town für den fairen Handel steht, suchten wir eine Kombination und kreierten «Fair Trade Town Gossau plus». Wer also bei uns mitmacht, kann auch noch den Plusbereich anstreben. Bis jetzt haben das ca. die Hälfte der Akteure gemacht.

Alice Morosoli (links) bei der Auszeichnung

A.M.: Die Arbeitsgruppe definierte was sie unter lokal und regional versteht. Lokal = Frutigland, regional = Berner Oberland. Wir fragten unsere Partner an, welche regionalen und lokalen Produkte sie neben den Fair Trade-Produkten anbieten, damit wir ihre Profile auf der Fair Trade Town-Homepage ergänzen können. Wir werden am Mai-Märit mit vorwiegend regionalen Anbietern und einigen Fair Trade-Produkten einen Stand haben zum Thema „Lokal die Welt verändern“.


Warum ist deiner Meinung nach die Verbindung von Fair und Regional eine Chance für einen nachhaltigen Konsum in deiner Gemeinde?



B.V.: Die beiden Aspekte nehmen den Norden und den Süden gleich wichtig. Das ist gerade für Gewerbetreibende sehr wichtig. Sonst haben sie das Gefühl, der Faire Handel gehe auf ihre Kosten. Zudem finden es Konsumenten mit einem ökologischen Bewusstsein wichtig, einheimische Produzenten und nachhaltige Produktionsmethoden zu bevorzugen.

A.M.: Es kann ein Bewusstsein gefördert werden, dass Fair Trade und eine Bergregion bei uns sich nicht ausschliessen. Im Gegenteil, nämlich, dass sie sich gegenseitig ergänzen. Auch wird ein Bewusstsein geschaffen, dass die Konsumenten mit ihren Kaufentscheidungen einen Einfluss auf das Angebot haben. Nachhaltiger Konsum heisst für uns lokal, regional, saisonal, bio und was so nicht beschafft werden kann, dann Fair Trade.


Was sind oder waren die Herausforderungen, die ihr im Prozess der Verbindung von Fair und Regional angetroffen habt?

B.V.: Wir mussten ein Konzept erfinden, in dem beides Platz hat. Das brauchte Zeit und Ideen. Die Gossauer Akteure waren leicht zu überzeugen.
Wir haben Akteure auf der Warteliste, die gerne bei «Fair Trade Town Gossau plus» mitmachen würden, aber kaum eine Chance haben, Fair Trade-Produkte ins Konzept zu integrieren. Ich denke an die Ludothek, die Bibliothek, an Metzgereien, die Buchhandlung, eine Schreinerei, an Bauernhöfe mit Hofläden etc. Zum Teil konnten wir Lösungen finden.

A.M.: Der Zusammenhang zwischen Fair Trade und Regional ist nicht auf den ersten Blick offensichtlich. Erst, wenn man die Verbindung zur Nachhaltigkeit herstellt, wird er verständlich. Durch das gemeinsame Werteverständnis entsteht eine gemeinsame Verbindung zwischen Norden und Süden.

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