Nord-Süd Diskriminierung
Mit Gewürzen gegen Ungleichheit und Abhängigkeiten
Rain Morgan und Pieter Swart stehen hinter der Produktion der köstlichen Saucen und Gewürze von Ukuva iAfrica. In Südafrika setzen sie sich für eine solidarische Wirtschaft ein und bewerten partnerschaftliche Beziehungen höher als Profit
Wir durften mit Rain und Pieter am 26. Mai ein online Interview durchführen, indem sie uns ihr Erfolgsrezept verrieten und uns aufzeigten, dass die persönliche Einstellung der Menschen ein Schlüsselfaktor für den Weg aus der Armut ist.
Rain Morgan und Pieter Swart sind zwei sehr engagierter Unternehmer, die sich für einen solidarischen Handel einsetzen. Sie lassen in Südafrika köstliche Saucen und Gewürze produzieren, die Ukuva iAfrica – Mitglied von Swiss Fair Trade – in die Schweiz anbietet.
Mit Turqle Trading haben Rain und Pieter Swart eine eigenständige Fair Trade Produzentenorganisation aufgebaut. Ihrer Ansicht nach sind viele NGO’s und gemeinnützige Organisationen auf äussere finanzielle Hilfe angewiesen. Diese Abhängigkeiten wollten sie vermeiden und haben in Kombination mit ihrer Liebe für gutes Essen beschlossen, eine selbstragende und faire Produktion von afrikanischen Gewürzen und Saucen zu starten.
Dies ist Rain und Pieter aber nicht genug. Hoch motiviert durch ihre Erfolge bei der Arbeit geben sie ihre langjährige Erfahrung und ihr Wissen weiter: Bei der World Fair Trade Organisation mitarbeiten ist Pieter für die Sektion Afrika und Mittlerer Osten tätig, während sich Rain für Projekte bezüglich lokaler existenzsichernder Löhne und faire Bezahlungsprozesse einsetzt.
Zentrale Fair Trade–Prinzipien in Südafrika
Kinderarbeit und Gleichberechtigung der Frauen sind in Südafrika weit verbreitete Probleme. Verschiedene Standards und Labels nehmen dieses Thema auf. Rain und Pieter Swart wollten mit ihrem Unternehmen weiter gehen und haben sich zu weiteren Massnahmen im Bereich des ersten Fair Trade Prinzips «Schaffung von Möglichkeiten für wirtschaftlich benachteiligte Produzenten» entschieden. Damit begegnen sie der im Land weit verbreiteten Ungleichheit von Menschen und möchten vor allem Jugendlichen eine berufliche Perspektive geben können.
Konkrete Verbesserungen der Lebensqualität der Produzenten
Nach Rain und Pieter ist eine der Stärken des fairen Handels die nachhaltige Beziehungspflege zwischen den involvierten Akteuren: Während konventionelle Unternehmen bei Veränderungen auf dem Markt ihre Produzenten und Lieferanten einfach wechseln, beruhen die partnerschaftlichen Beziehungen des Fairen Handels auf gegenseitigem Respekt und Solidarität. Probleme und Unstimmigkeiten werden daher gemeinsam ausgehandelt, um gute Lösungen für alle Parteien zu finden. Produzenten und Lieferanten haben durch nachhaltige und langfristige Beziehung die Garantie, auf konstante und sichere Einnahmequellen zählen zu können.
Durch die Bezahlung der Fair Trade Trust-Prämie schafft Turqle Trading darüber hinaus neue Möglichkeiten für die Produzenten und deren Familien: Da Arbeitslosigkeit in Südafrika sehr verbreitet ist, teilweise bis zu 50% bei Jugendlichen, wird diese Prämie für die Schulbildung von Kindern und zur universitären Ausbildung von Jugendlichen aus Produzentenorganisationen verwendet. Gleichermassen werden auch Weiterbildungen für ProduzentInnen selbst finanziert.
Bei Turqle Trading wird auf das 8. Fair Trade–Prinzip «Capacity Building» geachtet. Zur Umsetzung wird das Konzept «Poverty Stoplight» von Dr. Martin Burt verwendet. Dabei wird davon ausgegangen, dass Armut nicht nur durch die Zahlung eines höheren Lohnes beendet werden kann, sondern auch mit der Einstellung der Betroffenen zu tun habe. Wenn sich eine Person weiterhin als arm betrachtet, wird sie weiterhin die gleichen Entscheidungen treffen und ihre Lebensqualität wird sich nicht stark verbessern. «Poverty Stop Light» möchte Menschen in ihrer Einstellung und Perspektive selbstermächtigen: Nur wenn sie sich bewusst sind, dass sie eine eigenständige Kontrolle über ihr Geld und ihre Ausgaben haben, können andere Entscheide getroffen werden, wodurch ihre Lebensqualität steigt.
Fatale Folgen der COVID-19 Krise in Südafrika
Es wird geschätzt, dass 50% der KMU in Südafrika die Krise nicht überleben werden, was in anderen Entwicklungsländern wahrscheinlich ähnlich sein wird. Gleichzeitig sind jedoch im Fairen Handel tätige Produzenten resilienter, gerade aufgrund der stärkeren und bewussteren Beziehungen zwischen Produzenten und Konsumenten, die weniger auf Konkurrenz als auf gegenseitigen Respekt, Vertrauen und Stabilität beruhen.
Rain und Pieter sind der Meinung, dass sich der Blick auf den Handel drastisch ändern muss. Der ständige Fokus auf einen möglichst geringen Preis führt zur Ausbeutung und zum Ausschluss der ProduzentInnen, die am Anfang der Lieferkette stehen. Der Faire Handel hat die Voraussetzungen für ein neues Wirtschaftsmodell, das sich auf inklusive, solidarische und nachhaltige Prozesse stützt.
Durch ihre langjährige Erfahrung haben Rain und Pieter die Grundlage, um Menschen, die sich für den Fairen Handel einsetzen möchten, miteinander zu vernetzen. Sie wünschen sich, dass mehr Menschen von ihre Geschichte erfahren und damit ein noch stärkeres Netzwerk von engagierten Menschen entstehen kann und eine solidarischen Wirtschaft möglich wird.
Gepostet von Fair Trade Town am Dienstag, 26. Mai 2020